Lifesmeller
Das Leben riecht nach Leben. Nach _richtig_ viel Leben.
Riech' hin!
 
 
 
  Mit dem alten Mountainbike durch die Stadt. Der Asphalt riecht schäbig. Zusammen mit den Ölflecken auf den Parkplätzen schaltet es den Kopf auf Urlaub um. Schäbiger Teer in Bangkok. Wundern!  
 
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  Den Festspielhügel rauf. Die Anzüge und Abendkleider nur am Rande registrieren. Verdammt steil im Wald. Ich kann meine Lunge riechen. Bißchen heftig für den Anfang.  
 
 
  Der Wald riecht. Klar. Aber als ich über die Sandsteine am Abenteuerspielplatz fahre, rieche ich die Sonne, die die Steine aufgewärmt hat. Ob Sandsteine Sonne mögen? Glaube schon.  
 
 
  Es hat gestern geregnet. Der hintere Reifen rutscht im Schlamm durch. Wie kann Schlamm nach Blättern und Tannennadeln riechen? Macht nichts, jetzt riechen die Reifen auch nach Tannennadeln.  
 
 
  Konnte ich als Kind eigentlich die Getreidesorten unterscheiden? Meine Nase schlägt mir ganz neue Sorten vor: Fast reif, goldgelb, frisch gedroschen - sogar Stoppelfelder werden erkannt. Ich glaube, dieses Organ findet den Tag geil.  
 
 
  Nun über die Wiese. Ohne Weg. Die Lunge wieder im grünen Bereich. Ein Hund läuft mir nach. Ich hab' Angst vor Hunden. Als ich bremse, herrscht in meiner Nase Pubertät: Mit 15 musste ich immer Rasen mähen. Hab's gehasst. Wenn ich das so rieche, würde ich gerne mal wieder.  
 
 
  Break! Musik. Vielleicht vom Festspielhaus. Gitarre? Mitten im Grünen sitzen drei Leute unter einem Baum. Einer improvisiert auf der Gitarre. Hört sich gut an. Er bewegt den Kopf wie Jimi Hendrix. Oh Mann, dieser Abend ist ein einziges Kitsch-Klischee. I love it.  
 
 
  Wieder im Wald gibt es Speed. Das T-Shirt flattert und der Fahrtwind kämpft mit dem Schweiss. Eine Motorsäge hat einen Haufen Späne hinterlassen. Der Stapel daneben riecht, als ob er in einem Pool mit Harz gebadet hätte. Wer hat eigentlich diese ganzen Geruchsmuster für mich ausgelegt. Mein Mund gibt seltsame Laute von sich. Eine Mischung zwischen Krähen, Keuchen und Singen. Ich merke es erst ein paar Minuten später. Muß grinsen.  
 
 
  Keine Ahnung wo ich bin. Da ist eine Straße. Ach, Cottenbach. Dann Heinersreuth. Bergab. Wieder Getreide. Drücke mich tief über den Lenker. Muß an den albernen Einkaufskorb auf dem Gepäckträger denken. Freizeit-Biker. Sollen sie doch lachen mit ihren Telekom-Trikots. Mir doch egal. Nee, eigentlich nicht.  
 
 
  Die Beton-Mischanlage riecht nach feuchtem Kies. Den Geruch von Beton habe ich schon immer gemocht. Fällt mir in letzter Zeit öfters auf. Wehmut? Nach dem Betongeruch schon, nach dem Job nicht. Roch schon etwas ranzig. Der neue Job riecht noch nach der Plasikfolie von den Schachteln sündteurer Grafikprogramme. Hoffentlich noch lange.  
 
 
  Wieder an der Wohnung. Fahre noch ein paar Runden im Kreis. Die Patienten in ihren Jogginganzügen glotzen blöd. Ich würde mich richtig cool fühlen, wenn der doofe Einkaufskorb nicht wäre. Mein Körper dampft. Jetzt kommt auch der Schweiß. Die Beine kribbeln beim Dehnen. Ich spüre mich.  
 
 
  Hat das jetzt wirklich nur 45 Minuten gedauert? Wahnsinn. Warum kann dieses Scheißleben nicht immer so intensiv riechen? Vielleicht kann es ja und meine Nase ist nur so oft verstopft. Mal Taschentücher suchen.  
 
 
  Kosmonaut,
01. August 2000
20:00-20:45
 
 



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by kosmonaut 01.08.2000